Veröffentlicht am Jagd und Gänsefraßschäden

Geschädigtes Grünland mit Schutzkorb

Mit einem Entschließungsantrag fordern die niedersächsischen Grünen, dass die Vogeljagd im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmmeer und damit auch in den landeseigenen Jagdrevieren verboten wird. So sollen Fraßschäden auf landwirtschaftlichen Flächen verringert werden, da die Vögel durch die Jagd ständig aufgescheucht werden und über den höheren Energieverbrauch mehr Fressbedarf hätten.

Selten haben wir vom FVNJ e. V. einen solch unbegründeten Humbug gelesen. Erstens im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gibt es so gut wie keine landwirtschaftlichen Flächen, da wir hier überwiegend Watt- und Meeresflächen haben. Zweitens bleibt der Schadenszeitraum unberücksichtigt. Bei Wildgänsen haben wir zwei relevante Zugmuster, den Herbstzug, der in die Zeit der Bejagung fällt, wenn die arktischen Wildgänse zu uns ziehen und den Frühjahrszug, wenn sie wieder in Ihre arktischen Brutgebiete aufbrechen. Der Frühjahrszug fällt in den April/Mai. Nur 12 % der landwirtschaftlichen Schäden durch Gänse entstehen zum Zeitpunkt des Herbstzuges und somit in der Jagdzeit. 88 % der Schäden entstehen jedoch im Zeitraum des Frühjahrszuges (vgl.  Emke, D.; Bünte, Dr. R.; Kruckenberg, Dr. H.; Neubewertung der Gänserast im Rheiderland 2008 bis 2010, Untersuchung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen November 2010, S. 89)! Die Erklärung liegt in der Pflanzenphysiologie, der Vegetationsruhe und dem Wetter z. B. Schneelagen begründet. Zu Beginn des Frühjahrszuges ruht die Jagdausübung aber bereits seit rd. 3 Monaten. Drittens muss man klar sagen: „Eine tote Gans frisst nicht.“

Viertens ist bei dem Argument der erhöhten Energieaufnahme gleich mehr Nahrungsbedarf durch die Bejagung zu berücksichtigen, dass für nordische Gänse Nahrungsflüge von bis zu 30 km pro Tag vom Schlafplatz normal sind. Diese Werte sind durch telemetrische Untersuchungen, Ringablesungen und Sichtbeobachtungen belegt. Wildgänse werden zu 99 % im Flug erlegt. Werden sie beschossen, so verändern sie ihre Flughöhe und weichen dem Beschuss aus. Geschieht der Beschuss an Nahrungsflächen, die die Gänse aufsuchen wollten, so wird der bejagte Schlag gemieden und die Gänse fallen wenige Hundert Meter weiter ein, um dort zu fressen. Bezogen auf die täglich zurückgelegten „normalen“ Flugkilometer liegen diese energetischen Mehraufwendungen für jagdbedingte Ausweichflüge unterhalb der statistischen Nachweisgrenze. Auch die beobachteten Aufflüge von bereits gelandeten Wildgänsen im Einflussbereich des Schussknalls sind bezogen auf die effektiven Jagdtage energetisch unbedeutend und führen nicht zu einer messbaren Vergrößerung der landwirtschaftlichen Schäden durch einen erhöhten Nahrungsbedarf.