Veröffentlicht am Zugvögel im Klimawandel

Steinhausen – Professor Dr. Franz Bairlein (Wilhelmshaven) sprach am 02.06.2016 beim Gesprächskreis für gesunde Ernährung und Lebensführung in Bockhorn – es ging ihm um „Zugvögel im Klimawandel“. Seit 1990 arbeitet Dr. Bairlein als Direktor des Instituts für Vogelforschung “Vogelwarte Helgoland” in Wilhelmshaven, eine der weltweit führenden ornithologischen Forschungszentren. Außerdem ist er Professor der Zoologie und Ökologie an der Universität Oldenburg.

Die Sturzbach-Katastrophen in Deutschland: „Diese Extrem-Wetterereignisse hängen unweigerlich mit dem Klimawandel zusammen. Sie sind Folgen des massiven Anstiegs der Durchschnittstemperaturen“, so Bairlein.

Denn es werde rasch wärmer, sagte Bairlein in der „Altdeutschen Diele“ in Steinhausen: „Die Messungen belegen: Was sonst in vielen Jahrhunderten geschah, passiert jetzt in 70 bis 80 Jahren. Diese Geschwindigkeit muss uns aufhorchen lassen.“ Wie reagiert die Natur darauf? Vögel seien die besten Bioindikatoren auf Umweltveränderungen, sie werden seit Jahrzehnten mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher beobachtet, gezählt, gewogen. Klares Fazit: Zugvögel seien früher hier, flögen später weg, die Zugbereitschaft lasse nach, es gebe Veränderungen in der Brutvorbereitung.

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Singschwäne

Grund seien „Treiber“, höhere Temperaturen in Afrika, die komplizierte „Nordatlantische Oszillation“, immer weniger Regen zum Beispiel an den wichtigen Rastplätzen an der Mittelmeer-Küste. Die Folgen für die Vögel seien dramatisch. Immer weniger Zugvögel kämen durch und seien, am Ziel angekommen, zu schwach für Bruterfolge.

Vögel brüten, wenn gleichzeitig genug Futter (Insekten) da ist. Das habe sich seit undenklichen Zeiten genau eingespielt. Beispiel Kohlmeise: Normalerweise seien die Jungen im Mai im Nest. Jetzt seien diese Tiere früher bei der Brut, aber die Insekten wegen der Klima-Erwärmung noch früher da: „Das passt nicht mehr zusammen. Die Raupen leben, wenn die Vögel sie nicht brauchen.“ Also: Obwohl die Vögel früher hier sind, leiden sie unter Mangel an Futter, sie brüten weniger erfolgreich. „Die Arten gehen zurück. Bei den Trans-Sahara-Ziehern sind die Bestände im Vergleich zu vor 25 Jahren um 40 Prozent zurückgegangen.“

Besonders eindrucksvoll ein weiteres Beispiel Bairleins zu den Konsequenzen des Klimawandels: die Muschelfresser im Jadebusen. Es fänden sich tote Austernfischer und Eiderenten, mit vollen Mägen, aber verhungert. Wie geht das? Die Nordsee wird seit Mitte der 1990er Jahre immer wärmer. Darum verbrauchen die Miesmuscheln mehr vom eigenen Energievorrat als in kälteren Wintern, sie sind wiederum energieärmer, als es für die Vögel notwendig ist, sagte Bairlein. „Die fressen und fressen – und sterben.“

Bairleins Fazit: „Wenn wir den Vögeln ihre Lebensräume nicht lassen, können sie sich auch nicht an den Klimawandel anpassen.“ Beispiel Windparks – die wirken laut Bairlein wie Barrieren, außerdem werde Land versiegelt. „Auch für Biomasse wird enorm viel Land verbraucht.“