Prädatorenmanagement – unverzichtbar für den Wiesenvogelschutz

Lange Zeit von den etablierten Naturschutzverbänden geleugnet, geht es ohne ein umfassendes Prädatorenmanagement nicht, wenn Erfolge im Wiesenvogelschutz erzielt werden sollen. Slogans wie „Natur Natur sein lassen“ sind in unserer Kulturlandschaft fehl am Platz, da der Mensch bereits zu stark in die natürlichen Abläufe eingegriffen hat.

Der NABU schreibt dazu

„Verschiedene Studien … zeigen ebenfalls, dass (neben vielen weiteren Arten) vor allem Füchse für die Verluste bei den Küken verantwortlich sind. Ohne eine Strategie zur Senkung der Prädationsrate wird es trotz aller Anstrengungen wohl nicht gelingen, einen zum Bestandserhalt notwendigen Bruterfolg der Wiesenvögel sicherzustellen. Ein Teil der Strategie könnte sein, die Ansiedlungs- und Deckungsmöglichkeiten für Beutegreifer in den wichtigsten Brutgebieten zu reduzieren. Experimentiert werde auch mit Schutzzäunen, die das Eindringen des Fuchses verhindern sollen. Nach aktuellen Erkenntnissen sei aber auch ein koordiniertes Wildmanagement unter Einbeziehung der Bejagung ein unverzichtbarer Teil der Strategie.

Der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen, warum die Vogelbestände zurückgehen sind 3 Gründe genannt: Lebensraumveränderungen, Verringerung des Nahrungsangebotes (insbesondere Rückgang der Insektenbiomasse) und direkte Verfolgung (Prädation).

Wiesenvogelschutz heißt zusammengefasst:

  1. Geeignete Biotope herstellen.
  2. Kooperation mit der Landwirtschaft.
  3. Umfassendes Prädatorenmanagement.

Was versteht man eigentlich unter einem „Prädatorenmanagement“? Früher war das einfach eine allumfassende Raubzeugbejagung. Heutzutage versteht man darunter die Regulierung der Beutegreifer in einem bestimmten Gebiet. Wobei einschränkend festzustellen ist, dass es sich bei den Beutegreifern im modernen Prädatorenmanagement nur um bodenbewohnende Raubsäuger (Fuchs, Marderartige, Igel, Ratten, etc.) handelt. Die Regulation fliegender Beutegreifer ist aufgrund der heutigen Naturschutzgesetzgebung nicht mehr möglich.

Aktuelle Beispiele für ein Prädatorenmanagement

Die Projekte Dümmer um die 2.300 Hektar und NSG Bleckriede, eingezäunt rund 400 Hektar.

Uferschnepfe

Seit 2004 sind die Gebiete stark vernäßt, Landwirtschaft findet nur nach Vorgabe des Naturschutzes statt. Sehr deutlich wird in diesen Gebieten, dass die Verbesserung des Biotops, u.a. keine Bearbeitung im Frühjahr, im Herbst wird versucht die Flächen möglichst kurz zu mähen, Wasserstand fast mit dem Gras gleich, nicht dazu führte, dass sich der Bestand von Wiesenbrütern erhalten konnte.

Erst durch intensive Prädatorenbejagung gelang dies im Bereich des Dümmer.

Die Fuchsbejagung allein ist jedoch nicht ausreichend. Zwar lassen sich durch den Einsatz von Fallen und ergänzende Bejagungsmethoden effiziente Eingriffe in das ursprüngliche Prädatorenspektrum erreichen, jedoch können die Effekte durch das Nachrücken anderer Beutegreiferarten z.T. kompensiert werden. So zeigten Telemetrieuntersuchungen an Uferschnepfenküken in der Dümmerniederung zunächst hohe Verluste durch nachtaktive Raubsäuger wie Füchse, die jedoch infolge der durchgeführten Managementmaßnahmen zurückgingen. Der Effekt der Fuchsreduktion wurde allerdings durch steigende Prädationsverluste durch Wieselartige teilweise kompensiert.  Folglich war eine Erweiterung über den ursprünglichen Umfang der Maßnahmen zum Wieselfang hinaus erforderlich. (siehe DR. M. HOLY: ANFORDERUNGEN AN EIN EFFIZIENTES PRÄDATIONSMANAGEMENT– BEISPIEL DÜMMER Dr. Marcel Holy, Natur- und Umweltschutzvereinigung Dümmer (NUVD) e. V.)

Im NSG Bleckriede hat man die Jagd vermieden und einen Zaun um das Gebiet gezogen um den Fuchs herauszuhalten.Der BUND ist für den Wiesenvogelschutz in NSG Bleckriede verantwortlich. Sie schreiben:

Seit 2013 ist durch den Einsatz der Elektrozäune der Bruterfolg der Uferschnepfe im NSG Bleckriede ausreichend hoch, um den Bestandserhalt der Population zu sichern. Eine weitere Bestandszunahme ist bei mindestens gleichbleibenden Brutplatzbedingungen in den nächsten Jahren zu erwarten.

Die Vernässung des Gebietes erfolgte 2004, jedoch erst durch die Einzäunung 2013 ist der Bestand der Uferschnepfe deutlich gestiegen.

Wasserstände
Bestandszunahme der Uferschnepfe

Die mit rot markierten Gelege wurden prädiert. Mittels Fotofallen konnte der Fuchs nachgewiesen werden, weitere festgestellte Prädatoren waren Hermelin und Hauskatze.

Im Gebiet des Elektrozauns, weiß eingezeichnet, sieht das völlig anders aus.

Die sehr hohe Bedeutung der Prädation durch den Fuchs wurde sehr deutlich. Die Einzäunung ist zwar als Managementmaßnahme suboptimal, machte aber die Deutlichkeit für den Bruterfolg klar ersichtlich.

Warum ist ein Elektrozaun suboptimal?

  1. Das eingezäunte Gebiet wird anderen Lebewesen ab Hasengröße als Lebensraum entzogen und das auch in einem Naturschutzgebiet.
  2. In den Gebieten außerhalb der Elektrozäune steigt der Prädationsdruck durch Fuchs & Co. (Weniger Fläche bei gleicher Anzahl an Raubsäugern)
  3. Elektrozäune sind kosten- und wartungsintensiv. (Autobatterien werden alle 2 Tage gewechselt, einmal die Woche muß unter dem Zaun gemäht werden, …)
  4. Elektrozäune schützen nicht vor aviärer Prädation.

Artenschutzmaßnahme gegen den Fuchs im NSG Leyhörn bei Greetsiel gestartet

(Berichterstattung im Ostfriesischen Kurier vom 28.4.2017)

Die Brutinseln im Naturschutzgebiet Leyhörn westlich von Greetsiel beherbergen seit der vom Landkreis Aurich beauftragten Pflegemaßnahmen im Jahr 2013 mit bis zu 200 Brutpaaren eine der größten Brutkolonien des Säbelschnäblers in Niedersachsen. Doch der Bruterfolg war zuletzt vollkommen ausgeblieben, weil unter anderem der Fuchs die Gelege ausräuberte. Daher wurde von der Ökologischen Nabu-Station Ostfriesland jetzt ein mobiler Schutzzaun aufgestellt, um die Säbelschnäblerbruten vor Nesträubern zu schützen. Eingebettet sind diese Arbeiten in eine vom Land Niedersachsen finanzierte Kooperation zur Unterstützung der Landkreise Aurich und Wittmund sowie der Stadt Emden bei Aufgaben der Betreuung von Schutzgebieten. Die Säbelschnäblervorkommen rund um die Leybucht befinden sich seit Langem unter intensiver Beobachtung. Denn schon mit den Planungen für die Küstenschutzmaßnahmen im Bereich der Leybucht in den 1980er-Jahren wurden Befürchtungen laut, der damals große Bestand mit zeitweise über 1500 Brutpaaren könnte darunter leiden. Wie befürchtet, sank der Bestand als Folge verschiedener Ursachen dramatisch und erreichte 2009 mit nur noch 72 Brutpaaren einen Tiefpunkt.

Säbelschnäbler

Die Beseitigung hochwüchsigen Aufwuchses im Bereich der Brutinseln im Leyhörn brachte eine deutliche Verbesserung der Brutbestandszahlen, nicht aber des Bruterfolgs. Vor allem Verluste von Gelegen und Jungvögeln durch Raubsäuger führen seit Jahren dazu, dass kein den Bestand erhaltender Bruterfolg erreicht wurde. Nachdem 2016 alle Gelege von Beutegreifern ausgeraubt wurden, wurde in Abstimmung mit dem Landkreis Aurich und der Nationalparkverwaltung der Beschluss gefasst, ab der Brutsaison 2017 Prädationsschutzzäune einzusetzen.

Zwerggans – erst Erfolge im Bruterfolg durch intensive Fuchsbejagung im Brutgebiet

Wir erinnern uns: Im Jahr 2014 stellte die Niedersächsische Landesregierung die Jagd auf Blässgänse in ganz Niedersachen ein. Begründung: Durch die Verwechslungsgefahr von Zwerggans und Blässgans sei die fennoscandinavische Population bedroht.

Zwerggans
Blässgans

Schon damals im Beteiligungsverfahren hat unser Verband diese irrige Unterstellung kritisiert, da allein vom Zahlenverhältnis her (140.000 Blässgänse vs. 5 Zwerggänse in Niedersachsen) keine echte Gefahr für diese Gänseart gegeben ist. Nun zeigen die neuesten Zahlen aus Norwegen, dass die Prädation durch den Rotfuchs eine ausschlaggebende Größe in der Populationsentwicklung der Zwerggans ist. Schon im September 2013 mußte Dr. Helmut Kruckenberg, der Leiter des NABU-Zwerggansprojektes, als Gründe für den Bestandseinbruch angeben: „Sehr hohe Prädation in den Brutgebieten durch Seeadler (10 Individuen in 2012 erbeutet) und die Ausbreitung des Rotfuchses nach Norden bedingt durch die Klimaerwärmung.“

Zur aktuellen Populationsentwicklung berichten unsere norwegischen Kollegen:

Quelle:  letzter Aufruf 12.05.2017

Zitat:“ Fennoscandian population – Population status

The currently known breeding sites of the wild Fennoscandian population are situated in northernmost Norway, but single pairs may also breed in the northernmost parts of other Nordic countries (Finland, Sweden). The Nordic breeding population was in in 2009 estimated at only approximately 20 breeding pairs and there has been a sustained, statistically significant, negative trend in the population in the period 1990-2008. This continued a long-term decline, from an estimated 10,000 individuals in the early 20th century. However, during the latest years when a culling program of red foxes in the core breeding area was implemented (green bars – 2008-2016), the decline seems to have been discontinued, and an increase in the numbers has been observed as monitoring data from the Valdak marshes in Norway reveal (chart below).“

Weiterführend siehe

Prädation und Vogelschutz

Wiesenvogelschutz in Niedersachsen